Der Ton der Kritik wird schärfer: Ombudsmann der SRG Deutschschweiz über das Jahr 2016
Im Jahr 2016 gingen bei der Ombudsstelle der SRG Deutschschweiz 334 Beanstandungen ein – alle 26 Stunden eine. Sie betrafen 135 Sendungen. In fast 80 Prozent der betroffenen Sendungen konnten die Beanstandungen nicht unterstützt werden. Die Quote von rund 20 Prozent ganz oder teilweise gerügter Sendungen entspricht ungefähr dem Anteil vergangener Jahre. Als Trend zeichnet sich ab, dass sich der Ton der Kritik verschärft.
Innenpolitische Berichterstattung am anfälligsten für Reklamationen
Traditionsgemäss zog das Fernsehen die meisten Beanstandungen auf sich: 100 Fernsehsendungen wurden bemängelt, das sind drei Viertel aller beanstandeten Sendungen und Veröffentlichungen. Ein knappes Viertel aller inkriminierten Sendungen lief im Radio. Wenige Reklamationen gingen auch gegen Online-Beiträge ein (4%). Wie auch im Vorjahr bezog sich die Mehrheit der Beanstandungen kanalübergreifend auf Informationssendungen, wobei die Berichterstattung über Innenpolitik der am meisten beanstandete Bereich war. Fast gleichauf auf Platz zwei lag die Aussenpolitik, vor Gesellschaft, Umwelt und Verkehr, Satire und Wirtschaft.
Vielfältige Gründe für Beanstandungen
Die Gründe für die Beanstandungen sind vielfältig. Sie lassen sich aber in sechs verschiedene Gruppen einteilen. In absteigender Reihenfolge monierten die Beanstanderinnen und Beanstander fehlende Sachgerechtigkeit (73%), Diskriminierung (15%), gestörte Sittlichkeit / verletzte religiöse Gefühle / Jugendschutz (6%) gefolgt von Gewalt, fehlender Vielfalt und Schleichwerbung (5%).
Weniger berechtigte Beanstandungen als im Vorjahr
Die Ombudsstelle pflichtete der Meinung der Beanstanderinnen und Beanstander in lediglich 20 Prozent der beanstandeten Sendungen ganz oder teilweise bei. Diese Quote entspricht ungefähr dem Anteil vergangener Jahre. Bei fast 80 Prozent der Fälle wurden die Beanstandungen nicht unterstützt, weil die betreffenden Redaktionen das Radio- und Fernsehgesetz nicht verletzt hatten. «Dieses Resultat zeigt klar, dass die Journalistinnen und Journalisten von SRF zwar hin und wieder Fehler machen, aber in der überwiegenden Mehrheit der Sendungen faktengerecht, fair und kompetent berichten», sagt Roger Blum, Ombudsmann der SRG.D.
Der Ton verschärft sich
Im Berichtsjahr wurde zudem eine Verschärfung des Umgangstons festgestellt. Er ist in letzter Zeit kritischer, aber auch aggressiver geworden. In den Beanstandungen werden Medienschaffende als «Linksterroristen und Medien-Schnudderis», Politikerinnen und Politiker als «Drecks-Elite, ehr- und charakterlose, schäbige Nationalräte oder Landesverräter» verunglimpft. Dennoch nimmt der Ombudsmann jede Beanstandung aus dem Publikum ernst, prüft, kommentiert und klärt auf: «Es ist wichtig, über allfällige Fehler der Programmschaffenden zu reden und dass dieser Diskurs öffentlich stattfindet. Aber es gibt einen republikanischen Anstand. Und der gilt für alle.» Nach wie vor gibt es sehr viele Beanstanderinnen und Beanstander, die zufrieden sind, dass ihnen zugehört wird und ihre Argumente gewürdigt werden. Und zu Recht haben viele Menschen den Anspruch, von der SRG höhere Qualität zu erwarten als von privaten Sendern, weil die Gebühren genau dafür da sind.Zahlenmaterial, Grafiken und den vollständigen Jahresbericht der Ombudsstelle finden Sie hier.