«DOK»: Ukraina – Tagebuch aus einem zerrissenen Land

«DOK»: Ukraina – Tagebuch aus einem zerrissenen Land

Tiefe Gräben durchziehen die Ukraine. Hunderttausende leben in Angst und lähmender Ungewissheit - hin- und hergerissen zwischen Hoffen und Bangen. Es ist aber auch ein Moment, wo viele Menschen zusammenstehen und die ukrainische Nation sich festigt. Das Land könnte auseinanderbrechen oder gestärkt aus dieser schweren Zeit hervorgehen. «DOK» hat in diesem Spannungsfeld über Monate hinweg verschiedene Menschen im Westen und im Osten der Ukraine begleitet: einen nationalistischen Freiwilligen-Kämpfer, eine junge prorussische Aktivistin und einen Familienvater, der in der Masse von Propaganda und Lügen nach der Wahrheit sucht.

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In der Sendewoche des Films jährt sich der Höhepunkt der ukrainischen «Euromaidan»-Revolution. Bei der Eskalation der Kämpfe zwischen proeuropäischen, teils auch nationalistischen Ukrainern und den Sicherheitskräften des korrupten Präsidenten Wiktor Janukowitsch kamen damals über hundert Menschen ums Leben. Es war der vermeintliche Sieg der vom Westen unterstützen Opposition.

 

Was im Siegestaumel unterging: Im Osten des Landes, vor allem in der Donbas-Region, sahen viele Menschen in all dem nicht eine gerechte Revolution, sondern einen verfassungswidrigen Umsturz. Wohl kaum jemand rechnete mit der heftigen Reaktion des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dieser liess kurz danach die ukrainische Halbinsel Krim besetzen und heizte im Frühling den Konflikt in der Ostukraine an - mit einer Medienpropaganda, aber wohl auch mit Geld, Waffen und Kämpfern. Das Resultat ist ein bewaffneter innerukrainischer Konflikt, aber auch ein unerklärter Krieg zwischen der Ukraine und Russland. Die Folge davon sind weit über 5000 Tote und gegen eine Million Vertriebene.

 

Der Film «Ukraina - Tagebuch aus einem zerrissenen Land» ist ein Film über Menschen, die sich in dieser einmaligen und schwierigen Situation im Lande zurechtfinden müssen. Es ist ein Zeugnis der tiefen Risse, die in der Ukraine entstehen, aber auch dessen, dass ein solch blutiger Konflikt nie hätte beginnen müssen. Denn die Ukraine wäre eigentlich für eine erfolgreiche, marktwirtschaftliche und demokratische Entwicklung bereit gewesen. Viele Menschen im Land haben genug von der Korruption, der Herrschaft der Oligarchen und der Ungerechtigkeit. Und sie sind bereit, für eine bessere Zukunft einen gemeinsamen Kampf zu führen.

 

Das Filmteam begleitet Oleksij aus der Stadt Nowowolynsk, im äussersten Westen der Ukraine, nahe der polnischen Grenze. Der Nationalist, Kleinunternehmer und Vater von zwei Töchtern stand bis zum Schluss auf dem Maidan, ein Freund von ihm starb dort im Kugelhagel. Seither kämpft Oleksij in verschiedenen Freiwilligenbataillonen in der Ostukraine. Er kehrt aber immer wieder ins zivile Leben zurück - unter anderem war er Kandidat für die Parlamentswahlen im Oktober. Oleksij stellt sich - wie Millionen ukrainischer Männer und Frauen - immer wieder die Frage: in den Krieg ziehen oder daheim bei Familie und Arbeit bleiben?

 

Anastasia ist eine alleinerziehende Mutter in Donezk. Nach dem Beginn des Konfliktes im Frühling hat sie - im Interesse ihres sechsjährigen Sohnes - die umkämpfte Stadt verlassen. Auf der Suche nach einem stabileren Leben war sie zuerst in Russland und danach in der ukrainisch kontrollierten Stadt Charkow - erfolglos. Inzwischen ist sie wieder in Donezk und arbeitet aktiv daran mit, der neuen «Volksrepublik Donezk» - in Kiew als Terrororganisation gebrandmarkt - zum Durchbruch zu verhelfen. Ist das die richtige Wahl für sie und ihren Sohn?

 

Auch Wladimir, ein junger Bauarbeiter und Familienvater, wohnt in der ostukrainischen Donbas-Region. Seine Familie schwebt in Lebensgefahr, weil sein Haus neben einer Basis der prorussischen Separatisten liegt. Mehrmals sind Artilleriegeschosse in der Nähe seines Hauses explodiert. Wladimir bringt seine Familie in Sicherheit und sucht nach einer sicheren Zukunft für alle. Er ist ein kritischer Bürger und misstraut der Propaganda von beiden Seiten.

 

«DOK»-Autor Christof Franzen ermöglicht einen tiefen Einblick ins Umfeld dieser Menschen und in den ukrainischen Alltag. Er war an den Frontabschnitten im Donbas, in idyllischen Bauerndörfern der Westukraine und im Kiewer Machtzentrum. Sein Film zeigt, dass es in der Ukraine tatsächlich tiefe historische, kulturelle und soziale Spaltungen gibt. Aber bei vielen Menschen ist die Bereitschaft da, diese zu überwinden.
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Ausstrahlung
Donnerstag, 19. Februar 2015, 20.05 Uhr, SRF 1

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srf.ch/dok

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