«DOK-Serie: Schweizer Verbrechen im Visier»: Mitten ins Gesicht

«DOK-Serie: Schweizer Verbrechen im Visier»: Mitten ins Gesicht

Am 13. Mai 2006 gewinnt der FCZ überraschend die Schweizer Fussballmeisterschaft. Zürich steht Kopf, die Sperrstunde entfällt in dieser Nacht. Nach der Fussballparty eskaliert ein Streit zwischen Partygängern. Der FCZ-Fan Roland Maag will als Unbeteiligter schlichten helfen. Er kassiert einen Faustschlag und fällt mit dem Hinterkopf auf den Asphalt. Roland Maag bleibt für immer behindert. Wie kommt es zu Gewalt unter jungen Männern? Welche Folgen lösen diese Gewalttaten aus und wie sollen sie bestraft werden? Der Film sucht nach Antworten auf diese Fragen.

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Das Saisonfinale steht in der 93. Minute kurz vor dem Abpfiff, als die Zürcher im Basler St. Jakobspark das entscheidende Tor schiessen. Es ist ein unerwarteter Sieg der Zürcher Mannschaft. Unbeschreibliche Szenen spielen sich in der Folge auf und neben dem Spielfeld ab. Szenen der Gewalt, die später unter dem Titel «Die Schande von Basel» in die Geschichte eingehen.

 

Zur selben Zeit steigt in Zürich eine Megaparty. Mit dabei sind der 28jährige Carrosserie-Spengler Roland Maag und seine Kollegen. Bis in die frühen Morgenstunden dauert die Feier. Als sich Roland auf den Heimweg macht, wird er Zeuge eines Streits. Er will schlichten helfen und gerät dabei selber in die Pöbelei hinein. Unvermittelt und aus nichtigem Grund kassiert er einen Faustschlag mitten ins Gesicht. «Roli fiel um wie ein Baumstamm und knallte mit dem Hinterkopf auf den Asphalt. Dann war es still», erinnert sich sein Begleiter Ronny.

 

Der Täter und seine Kollegen ergreifen die Flucht. Erst neun Tage später fasst die Zürcher Kantonspolizei den 23jährigen Schläger aus dem Zürcher Oberland. Er ist Schweizer ohne Lehrabschluss, tätig als Kanalreiniger. Er bedauert zwar den Ausgang des Streits, schuldig fühlt er sich jedoch nicht.

 

Während drei Wochen kämpft Roland Maag am Zürcher Universitätsspital um sein Leben, muss ins künstliche Koma versetzt werden. Hirn und Nervenstränge sind lebensgefährlich verletzt. Mutter und Vater bangen um ihren einzigen Sohn. Als Roland Maag in die Reha-Klinik nach Bellikon AG verlegt wird, sind seine Zukunftsaussichten niederschmetternd. Er kann weder gehen noch reden, muss künstlich ernährt werden.

 

Der Anwalt des Opfers geht von Anfang an davon aus, der Täter habe in Kauf genommen, sein Opfer zu verletzen. Die Seite des Täters spricht lediglich von fahrlässiger schwerer Körperverletzung. Über dieser Frage entbrennt ein jahrelanger Rechtsstreit. Erst sechseinhalb Jahre nach der Tat fällt das Bundesgericht ein abschliessendes Urteil: Der Täter habe mit seinem Fausthieb auf eine Verletzung des Gegners gezielt, und es sei ihm bewusst gewesen, dass schwere Körperverletzungen ohne weiteres möglich wären. Aus diesem Grund verhängte das Gericht eine vierjährige Freiheitsstrafe. Der Täter muss für diese Zeit ins Gefängnis, weil er eine Verletzung des Opfers in Kauf genommen hat.

 

Der Film zeigt, welch weitreichende Folgen ein einziger Faustschlag haben kann: für Opfer, Täter und ihre Familien. Während Roland Maag zwölf Operationen über sich ergehen lassen muss und sich mit zähem Willen Stück für Stück zurück ins Leben kämpft, ringen die Konfliktparteien vor Gericht um Gerechtigkeit. Das Urteil der Justiz schliesslich hat Signalwirkung. «Massive Schläge auf den Kopf gelten künftig nicht mehr als Bagatelle, sondern als schwer wiegendes Delikt. Ein potenzieller Täter muss mit einer gravierenden Strafe rechnen», sagt Strafrechtsprofessor Christian Schwarzenegger.
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Ausstrahlung
Mittwoch, 10. Juli 2013, 20.55 Uhr, SRF 1

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srf.ch/dok

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