«DOK»: Der Wildheuer – Senkrecht über dem Urnersee
Es war ein Sonntag im August 2016, ein schwarzer Tag für Sepp Gisler. Der 62-jährige Urner Bergbauer stürzte beim Wildheuen an einer steilen Flanke am Rophaien 300 Meter tief in den Tod. Der sechsfache Vater war ein erfahrener Wildheuer, wusste um die Gefahren bei dieser strengen Arbeit. Doch ein Restrisiko bleibt, besonders bei einer Tätigkeit fast in der Senkrechten. Nach dem Tod des Vaters führt nun Julia, die jüngste Tochter, den Bergbauernhof auf dem Oberaxen weiter. Und auch sie wird wieder in die «Wildi» steigen müssen, denn es geht nicht anders. Das wertvolle Heu aus den Planggen ist die Futterbasis für den kleinen Betrieb hoch über dem Urnersee. Ein Film von Beat Bieri.

Der Film von Beat Bieri führt hoch über den Urnersee, auf den Oberaxen, hier leben die Gislers, 1000 Meter über Meer, auf einem markanten Felsbuckel, der nur mit der Seilbahn erreichbar ist – sofern der Föhn nicht wieder mal so stark wütet, dass die Kabine besser in der Station bleibt. Gewiss, der Blick über See und Tal ist überwältigend, doch das Wirtschaften hier oben ist erschwert, da eine Strassenzufahrt fehlt. Die Kälber aus der Biofleischproduktion müssen rechtzeitig zum Schlachten ins Tal transportiert werden, bevor sie zu schwer sind für die Seilbahnfahrt. Und das ist jedes Mal eine nervenaufreibende Sache.
Sepp Gisler war an diesem Berg aufgewachsen, in früheren Jahren sogar noch ohne Seilbahn. Von Kindesbeinen an stieg er in die stotzigen Abhänge am Rophaien, die zu steil sind, um Vieh darauf weiden zu lassen. Doch als Heuwiesen lassen sie sich nutzen, wenn man Knochenarbeit und Gefahr nicht scheut. Wildheuen – dies verschafft dem Oberaxen-Hof nicht nur das existentiell notwendige Futter. Durch das Wildheuen wird auch ökologisch besonders wertvolles Kulturland erhalten, alpine Trockenwiesen von grosser Pflanzenpracht, die ohne gelegentlichen Schnitt bald verwalden würden.