«DOK»: Das Trauma von Dürrenäsch

«DOK»: Das Trauma von Dürrenäsch

Am 4. September 1963 geschah das Unfassbare: Im Kanton Aargau bei Dürrenäsch stürzte eine vollbesetzte Caravelle III der Swissair ab. 80 Frauen und Männer kamen ums Leben. 43 von ihnen stammten aus dem Zürcher Bauerndorf Humlikon und hinterliessen zahlreiche Vollwaisen. Die Schweiz stand unter Schock. Kathrin Winzenried  rollt die Geschichte der ersten grossen Katastrophe der schweizerischen Zivilluftfahrt noch einmal auf. Sie spricht mit Menschen, die damals ihre Angehörigen verloren haben, und besucht Zeitzeugen, deren Leben bis heute von diesem Unglück geprägt ist und die nun zum Teil erstmals öffentlich darüber reden.

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Die ganze Welt blickte damals auf das kleine Bauerndorf Humlikon im Zürcher Weinland: 40 Kinder wurden zu Vollwaisen, fünf weitere verloren einen Elternteil. Von den 25 Bauernbetrieben standen deren 20 ohne Inhaber da, die Gemeindeverwaltung war grösstenteils verwaist. Das Dorf musste sich von einem Tag auf den anderen neu organisieren und wurde zugleich von der internationalen Boulevardpresse bestürmt. Fotografen bedrängten Waisenkinder, Reporter drangen in die verwaisten Haushalte ein. In der Folge wurde das gesamte Dorf hermetisch abgeriegelt, viele Höfe erhielten Polizeischutz.

 

Bis heute sind diese Wunden in Humlikon nicht vernarbt, und auch für die Verarbeitung der Trauer blieb kaum Zeit. Bis heute schweigt das Dorf: Über die traumatischen Erlebnisse von 1963 will niemand mehr reden. Kathrin Winzenried stiess bei den Dreharbeiten auf grosse Ablehnung, die Angst vor weiteren Verletzungen ist allgegenwärtig. Trotzdem gelang es ihr, mit betroffenen Frauen und Männern aus Humlikon über die Tragödie zu reden und zu erfahren, wie massiv die Auswirkungen dieses Traumas von Dürrenäsch bis heute sind.

 

Wie durch ein Wunder gab es im Absturzort Dürrenäsch selbst keine Verletzten, obwohl sich die Caravelle nur einige Meter vom Dorfrand entfernt in einen Acker bohrte. Doch auch die Einwohner des Aargauer Dorfes kämpfen bis heute mit dem Erlebten: Wrack- und Leichenteile lagen rund um die Absturzstelle verteilt und brannten sich Schulkindern, Anwohnern und Helfern unauslöschlich ins Gedächtnis. Und auch für die Swissair war der 4. September 1963 ein dramatischer Einschnitt: Der Stolz der Nation hatte auf einen Schlag seine Unverletzlichkeit eingebüsst.
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Ausstrahlung
Donnerstag, 5. September 2013, 20.05 Uhr, SRF 1

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srf.ch/dok

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