«DOK»: Auf euch hat hier niemand gewartet – Schweizer Rezepte für Flüchtlinge (Folge 2)

«DOK»: Auf euch hat hier niemand gewartet – Schweizer Rezepte für Flüchtlinge (Folge 2)

Es ist schon eine enorme Herausforderung, all die ankommenden Flüchtlinge unterzubringen. Doch die eigentliche, die ganz grosse Aufgabe der Zukunft wird die Integration dieser fremden Menschen in den Schweizer Arbeitsmarkt, in die Schweizer Gesellschaft sein. Gelingt dies nicht, wird die Schweiz vor beträchtlichen Problemen stehen. Heinz Gerig ist ein erfahrener Handwerker der Integration. Seit acht Jahren macht der gelernte Koch und Erwachsenenbildner Flüchtlinge «arbeitsmarktfähig», führt sie aus der Sozialhilfe heraus – und dies mit viel Realitätssinn: «Auf euch hat in der Schweiz niemand gewartet», so begrüsst er unverblümt die 15 Flüchtlinge zu Beginn des einjährigen Gastronomiekurses im luzernischen Emmenbrücke.

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Deutlich über 100'000 Flüchtlinge leben heute in der Schweiz, anerkannte, vorläufig aufgenommene und neu angekommene. Die Mehrheit wird wohl bleiben. Was soll mit diesen vielen Menschen aus einer anderen Welt geschehen?

 

In diesem zweiteiligen Dokfilm beobachtet Autor Beat Bieri, wie Heinz Gerig eine Flüchtlingsklasse in einem Jahr fit macht für den hiesigen Gastroarbeitsmarkt. Die 15 Kursteilnehmer – Eritreer, Afghanen, Tibeter und ein Ugander – leben schon seit mehreren Jahre in der Schweiz, sprechen einigermassen Deutsch. Sie haben alle haben schon selbst versucht, eine Arbeit zu finden, auch mit professioneller Hilfe - umsonst. Alle leben von der Sozialhilfe und wollen weg davon.

 

Doch Heinz Gerig nimmt nicht jeden Interessenten auf in seinen Kurs: Nur wer genügend motiviert ist und sich bereit erklärt, ein hartes Schuljahr ohne Ferien durchzustehen, findet Aufnahme. Denn die Anforderungen sind beinahe erdrückend. Es fliesst viel Schweiss in diesem Jahr, und manchmal fliessen auch Tränen. Gelernt wird Deutsch sowie Techniken der Hotel- und Gastrobranche; zwei Praktika führen die Flüchtlinge in die ungeschminkte Realität von Luzerner Hotels und Restaurants.

 

Doch das womöglich schwierigste Schulfach für diese Menschen aus anderen Kulturen heisst «Werte und Normen». Denn da ist nicht nur viel Neues und Unbekanntes, auch einiges an Vertrautem muss wegfallen, und sei es nur schon die Überzeugung, dass Bügeln und Putzen ausschliesslich Frauenarbeiten seien. Für viele in diesem Kurs ist dies eine neue Erfahrung: Männer und Frauen sind gleichwertig. Doch die Mühen lohnen sich: Heinz Gerig bringt rund 80 Prozent seiner Kursteilnehmer zu einer Anstellung – und damit vielleicht auch zu einem neuen Lebenssinn.

 

Angeboten wird der einjährige Kurs von der Ausbildungsorganisation der Schweizer Gastrobranche. Der zweiteilige Dokfilm zeigt, dass Integration eine knochenharte Arbeit ist, für alle Beteiligten. Und das ist nicht billig. Noch teurer wäre es jedoch, darauf zu verzichten.
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Ausstrahlung
Donnerstag, 11. Februar 2016, 20.05 Uhr, SRF 1

Publiziert am
Dienstag, 9. Februar 2016

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srf.ch/dok

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