«Die Schweizer»: Kampf um den Gotthard – Alfred Escher und Stefano Franscini
Radikale Politiker und Unternehmer mit Pioniergeist haben im 19. Jahrhundert die Schweiz in die Moderne geführt – allen voran Alfred Escher, der Banken und Versicherungen gegründet und die Bahn durch den Gotthard gebaut hat.
Nach der Gründung des Bundesstaates 1848 gehört die Schweiz zu den ersten Demokratien Europas. Doch ihre Wirtschaft ist im Vergleich mit dem Ausland rückständig, die industrielle Entwicklung erst in den Anfängen und vor allem: Es fehlt ein effizientes Transportsystem. Die europäischen Eisenbahnen drohen die Schweiz zu umfahren.
Zwei Hindernisse stehen einer raschen Lösung des Problems im Weg: das Alpenmassiv mit seinen steilen Pässen und der Föderalismus; jeder Kanton hat andere Vorstellungen von der «richtigen» Streckenführung. Die junge Regierung in Bern, der 1848 erstmals gewählte Bundesrat, ist zu schwach, um sich durchzusetzen. Es braucht einen starken Mann. Der Zürcher Unternehmer und Politiker Alfred Escher nimmt die Herausforderung an und kämpft an allen Fronten für eine Schweiz, die den Anschluss an Europa findet.
Schon zu Lebzeiten wird Alfred Escher im Volksmund «König der Schweiz» genannt. Und das ist nicht nur Ausdruck von Bewunderung. Kaum 30jährig wird der Jurist in höchste Ämter gewählt: Staatsschreiber, Nationalrat und später Zürcher Regierungsrat. Und bald ist er auch als Unternehmer erfolgreich. Er gründet eine private Eisenbahngesellschaft, die erste Grossbank der Schweiz, die spätere Crédit Suisse, sowie Versicherungen. Und er ist massgeblich an der Errichtung der Eidgenössisch Technischen Hochschule beteiligt. Im Nationalrat ist sein Einfluss so gross, dass er darauf verzichten kann, einen Sitz im Bundesrat anzustreben.
Ganz anders sein zeitweiliger politischer Weggefährte, der erste Tessiner Bundesrat Stefano Franscini. Im Gegensatz zu Escher entstammt er einfachsten Verhältnissen. Als Regierungsrat fördert er in seinem Heimatkanton die Volksschule, setzt sich mit Escher für die Gründung der ETH ein und führt die erste Volkszählung in der Schweiz durch. Doch den Kampf um den Gotthard kann er nicht mehr miterleben. Er stirbt noch vor Ende seiner zweiten Amtszeit.
Escher hingegen setzt seine ganze Energie für die Verwirklichung seines Lebenswerks ein – und nimmt dafür grosse Opfer in Kauf. Mit seinem Arbeitseifer ruiniert er seine Gesundheit, Freundschaften zerbrechen, und auch sein Familienleben wird von Schicksalsschlägen heimgesucht. Am Ende steht die Vollendung des längsten Tunnels der Welt. Doch der Mann, der dieses Jahrhundertbauwerk vorangetrieben hat, wird nicht einmal zur Feier nach dem Durchstich eingeladen.